Aktionskreis Windenergie Hilgert
p.A.
Ernst Rohringer 

Wolfram Krings 
Claus-Dieter Schnug 
Karl-Ludwig Schmidt 
56206 Hilgert
56206 Kammerforst
56206 Hilgert
56206 Hilgert
28. Dezember 2004


Planungsgemeinschaft
Mittelrhein-Westerwald
Stresemannstraße 2 – 5
56068 Koblenz



Neuaufstellung des regionalen Raumordnungsplanes der Region Mittelrhein-Westerwald
-Teilplan Windenergienutzung-
Stellungnahme, Anregungen und Bedenken




Sehr geehrte Damen und Herren,

nach dem Entwurf des Regionalen Raumordnungsplans Mittelrhein-Westerwald, Teilplan Windenergienutzung, vom 22. September 2004 ist in dem Waldbereich zwischen der Ortsgemeinde Hilgert und der Stadt Ransbach-Baumbach (sog. Hilgerter Höhe) eine Potentialfläche vorgesehen, die für eine Windenergienutzung grundsätzlich zur Verfügung steht, wenn nicht die Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen durch entsprechende Festsetzungen in einem Flächennutzungsplan eine Ausschlusswirkung herbeiführt. Das hierzu erforderliche Aufstellungsverfahren ist zwar bereits eingeleitet. Bis zu seinem Abschluss, der nicht vor Ende 2005 zu erwarten ist und sich möglicherweise noch über diesen Zeitpunkt hinaus verzögert, existiert jedoch keine planerische Aussage, die einem Bau von Windenergieanlagen entgegengehalten werden kann. Demgegenüber ist die Planung der Planungsgemeinschaft Mittelrhein- Westerwald bereits weit fortgeschritten. 

Welche Bedeutung eine rechtzeitige Steuerung der Windenergienutzung auf der planerischen Ebene hat, zeigt gerade die Situation auf der Hilgerter Höhe. In einem dicht besiedelten Bereich und in einem Abstand von jeweils ca. 500m zu den Ortsrandlagen von Hilgert und Ransbach-Baumbach bekundete ein privater Waldbesitzer, Herr Carl Prinz zu Wied, im Sommer 2004 die Absicht, zwei riesige, 180m hohe Hybridtürme, die den Fernmeldeturm „Alarmstange“ auf der Montabaurer Höhe um 80 m überragen würden, als Musteranlagen zu errichten. Auf die für sich sprechenden und in der Anlage beigefügten Fotomontagen wird hingewiesen. 

Inwieweit die vorgenannten Planungsabsichten nach erheblichen Protesten der Bevölkerung aufgegeben worden sind, ist derzeit völlig offen. Die bisherigen und in Wahrnehmung demokratischer Rechte unternommenen Aktivitäten der betroffener Bürgerinnen und Bürger sowie der politischen Gruppierungen vor Ort wurden von dem Grundstückseigentümer und potentiellen Betreiber der Anlagen in einer Stellungnahme an eine Rechtsanwältin aus Ransbach-Baumbach als Widerstand bezeichnet, der sich „aus dem Untergrund formiert habe". Dies klingt wenig einsichtig. Da die Wiedische Verwaltung nach der vorläufigen Absage einer Firma, die im Auftrag des Prinzen erste Vorplanungen unternommen hat, zu weitergehenden Stellungnahmen bisher nicht bereit war, ist für alle Betroffenen weiterhin eine besondere Wachsamkeit geboten.

Dass das Gebiet besonders schutzwürdig ist, steht außer Frage, denn das kleine Waldstück dient seit Jahrzehnten der Bevölkerung von Hilgert und Baumbach (Stadt Ransbach-Baumbach) - aber auch darüber hinaus - als Naherholungsbereich. Für die Kinder der Grundschule in Hilgert („Sonnenfeld-Schule“) ist der nahegelegene Wald wie ein offenes „Klassenzimmer“, was durch zahlreiche Exkursionen und Auszeichnungen für Veranstaltungen, wie z.B. „Jugend in der Natur“, belegt wird. Der Aktionskreis „Freundliche Umwelt Hilgert e.V.“ (AGFU) , vielfacher Umweltpreisträger, betreut seit rd. 30 Jahren - auch im ornithologischen Sinne - dieses ökologisch wertvolle Umfeld. Zur näheren Erläuterung wird auf den beigefügten Artikel  - von Herrn Günter Winkler aus Hilgert - Bezug genommen.

Entgegen dem einhelligem Votum, gerade auch der kommunalen Vertretungskörperschaften der Ortsgemeinde Hilgert sowie der Verbandsgemeinden Höhr-Grenzhausen und Ransbach-Baumbach, sah sich die Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald jedoch bedauerlicherweise nicht in der Lage, den Wünschen der Bürgerinnen und Bürger Rechnung zu tragen und die Hilgerter Höhe von einer Windenergienutzung freizuhalten. Vielmehr beugte man sich - trotz eindringlicher Appelle- in dem nunmehr vorliegenden Planentwurf zur Windenergienutzung dem Druck des rheinland-pfälzischen Innenministeriums in seiner Eigenschaft als oberste Landesplanungsbehörde. Dabei wurde nach unserer Meinung der Windkraft in größerem Umfang als notwendig (siehe hier Ziff. II Nr. 3 „Flächenbilanz“) ein Stellenwert eingeräumt, der auch in Anbetracht der fragwürdigen Wirtschaftlichkeit von Windenergieanlagen in unserer Region und der Fortentwicklung erneuerbarer Energien über ein vertretbares Maß hinausgeht. Zugleich wälzte die Planungsgemeinschaft die Verantwortung auf die unter-geordneten Gebietskörperschaften (hier die Verbandsgemeinde) ab, die nun dazu gezwungen sind, kostenintensive und zeitaufwändige eigene Planungen zu betreiben, um das Schlimmste zu verhüten.

Wir bitten daher die Planungsgemeinschaft, ihre Entscheidung, für den hier in Betracht kommenden Bereich keine Ausschlussfläche festzusetzen, noch einmal zu überdenken und insoweit von der eigenen Planungshoheit im Interesse und zum Schutz der Bevölkerung in Hilgert und Ransbach-Baumbach selbst Gebrauch zu machen. 
Ein denkbarer Weg - innerhalb eines schlüssigen Gesamtkonzeptes- wäre, die zwischenzeitlich aufgegebene Überlegung, die schützenswürdigen „ Regionalen Grünzüge“, wozu dieses Waldstück gehört, als Ausschlusskriterium heranzuziehen, wieder aufzugreifen. 

Soweit die Landesplanung hierzu den Standpunkt vertritt, (s. Anlage: Schreiben des Staatssekretärs Karl Peter Bruch vom 11. Oktober 2004 an den Landtagsabgeordneten Harald Schweizer, worin fehlerhaft von einer ursprünglich geplanten Vorrangfläche in dem betreffenden Waldgebiet die Rede ist), dass ein solches Vorgehen einer verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung nicht standhalte, ist dies eine allein von politischen Erwägungen bestimmte Behauptung ins Blaue hinein. Die von der Regionalvertretung im Juni 2004 abgebrochene Planung, die Grünzüge als Ausschlussflächen festzulegen, orientierte sich in vollem Umfang an den städtebaulichen Zielvorgaben des Landesentwicklungsprogrammes III sowie des geltenden Regionalen Raumordnungsplanes aus dem Jahr 1988 und ist daher durchaus geeignet, in allen Bereichen des Plangebietes, zumindest aber in einem derart verdichteten Bereich, wie hier, zulässige Ausschlusskriterien zu begründen.

Die Anmerkung im ministeriellen Rundschreiben „Hinweise zur Beurteilung der Zulässigkeit von Windenergieanlagen" vom 18. Februar 1999, Regionale Grünzüge zählten zu den Gebieten, die eingeschränkt für eine Windenergienutzung zur Verfügung stehen, führt ebenfalls zu keiner anderen Betrachtung. Denn nach dem eigenen Bekunden der obersten Landesplanungsbehörde handelt es sich dabei lediglich um eine planerische Empfehlung, die für die Planungsgemeinschaft keine Bindungswirkung entfalten dürfte. Jedenfalls liegen für den Bereich der Hilgerter Höhe genügende Gründe vor, um gerade in Bezug auf diesen Standort zwecks Erhaltung eines siedlungsnahen Erholungsbereiches eine Ausschlussfläche für die Windenergienutzung vorzusehen.

Alternativ sollte von der Planungsgemeinschaft geprüft werden, einen 1000m-Abstand um Siedlungen als generelles Ausschlusskriterium vorzusehen. Auch insoweit ist die im Schreiben vom 11. Oktober 2004 (an MdL Harald Schweitzer) vertretene Rechtsauffassung der obersten Landesplanungsbehörde, ein derartiger Mindestabstand sei insbesondere nicht auf der überörtlichen Ebene der Regionalplanung festzulegen, unzutreffend: In der Teilfortschreibung des Regionalen Raumordnungsplans Trier vom 5. Dezember 2003 wurde ein l000m-Ab-stand um Gemeinden mit der besonderen Funktion Wohnen und Einrichtungen des Freizeitwohnens als Ausschlussgrund gerade beschlossen und von eben dieser obersten Landesplanungsbehörde mit Bescheid vom 13. Mai 2004 genehmigt. 

Von daher ist die vorstehende Aussage im Schreiben vom 11. Oktober 2004 schlechterdings nicht nachzuvollziehen. Dies gilt umso mehr, als das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 8. März 2004 (8 A 11520/03.OVG) die Teilfortschreibung des Regionalplans Trier in einem Klageverfahren überprüft und dabei festgestellt hat, dass l000m-Puf-ferzonen nicht zu beanstanden seien. Diese Abstände, so die Richter, seien im Hinblick auf die Entwicklung zu immer größeren Windenergieanlagen und deren gerade beabsichtigte Häufung in Konzentrationszonen als Vorsorge vor visuellen und akustischen Beeinträchtigungen zu rechtfertigen. Die in der Stellungnahme der Landesregierung vom 11. Oktober 2004 zum Ausdruck gebrachte Position führt im Ergebnis dazu, dass Einwohnern der Region Trier ein größerer Schutz vor mit der Nutzung von Windenergieanlagen verbundenen Beeinträchtigungen (z. B. auch optischer Bedrängung) zugestanden wird, als der Bevölkerung der Region Mittelrhein-Westerwald. 

Wenn demgegenüber argumentiert wird, die Situation zwischen beiden Planungsräumen sei deshalb nicht vergleichbar, weil die Region Trier weniger dicht besiedelt sei und man daher dort großzügigere Mindestabstandsregelungen beschließen könne, ohne den Willen des Gesetzgebers, der Windenergienutzung im Plangebiet substantiell Raum einzuräumen, zu gefährden, überzeugt dies nicht. Denn gerade die dichter besiedelten Gebiete des nördlichen Teils von Rheinland-Pfalz sind nicht weniger schutzwürdig, als etwa die zum Bereich Trier gehörenden Teile der Eifel und des Hunsrückes. In der Region Mittelrhein-Westerwald kann daher zwangsläufig der Privilegierung der Windkraft nach § 35 Baugesetzbuch nur in einem geringeren Umfang Rechnung getragen werden. Dieses ist rechtlich grundsätzlich unbedenklich, solange es gewichtige Gründe gibt, die einer weiteren städtebaulichen Entwicklung im Wege stehen und somit auch die Festsetzung von Ausschlussgebieten ermöglichen.

Dass auch hier ein genereller Schutzbedarf besteht, wird von der Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald zwar erkannt, da sie Vorrang- und Vorbehaltsflächen für Windenergieanlagen nur dann festlegt, wenn ein Abstand von 1000m zu Siedlungsflächen eingehalten wird. Allerdings sieht sie davon ab, diesen sachgerechten Gesichtspunkt generell anzuwenden. Denn für weite Teile des Planungsgebietes (sog. weiße Flächen) trifft sie insoweit keinerlei Aussage, obwohl die Schutzbedürftigkeit der Nahbereiche von Siedlungen in gleichem Maße städtebaulich gerechtfertigt erscheint und im Fall der Hilgerter Höhe sogar evident ist.

Problematisch ist diese Nichtplanung in Bezug auf die Weißflächen - unabhängig von der Reichweite der planerischen Gestaltungsfreiheit - vor allem deshalb, weil es fraglich erscheint, ob dem Planentwurf tatsächlich noch ein schlüssiges gesamträumliches Konzept zugrunde liegt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13. März 2004, 4 C 3/02). Hiervon dürfte nämlich keine Rede sein, wenn für weite Teile des Planungsgebietes keine Aussage getroffen und faktisch eine Flucht aus der Planung betrieben wird.

Hinzu kommt, dass die weißen Flächen als Gebiete gewertet werden, die der Privilegierung der Windenergienutzung dienen sollen. Hierzu zählen aber grundsätzlich nur Vorranggebiete. Darüber ist völlig offen, ob jene Gebiete tatsächlich für den Bau von Windenergieanlagen zur Verfügung stehen, da insoweit die Planungshoheit bei den Kommunen verbleibt, die nicht daran gehindert sind, dort ihrerseits Ausschlussflächen vorzusehen oder Baugebiete für andere Bauvorhaben auszuweisen. 
Jedenfalls lässt sich den ausgelegten Planunterlagen gegenwärtig keine tragfähige Begründung dafür entnehmen, weshalb die Planungsgemeinschaft, anders als zum Beispiel in der Region Trier, hinsichtlich bestimmter Flächen keine eigene Planung für eine Windenergienutzung betreibt und diese den Trägern der Bauleitplanung überlässt. 
Dies kann in letzter Konsequenz bedeuten, dass der jetzige Teilplan Windenergienutzung, ebenso wie sein Vorläufer, einer rechtlichen Nachprüfung wiederum nicht stand hält, sämtliche Festsetzungen unwirksam wären und ein dritter Anlauf unternommen werden müsste.


Mit freundlichen Grüßen




(Ernst Rohringer)                    (Wolfram Krings)                     (Claus-Dieter Schnug)                    (Karl-Ludwig Schmidt)



Anlagen: 
- Schreiben des Staatssekretärs Karl Peter Bruch vom 11. Oktober 2004 an den Landtagsabgeordneten Harald Schweitzer
- Text von Günter Winkler
- Fotomontagen [ 1 ] [ 2 ] [ 3 ] [ 4 ]

Anmerkungen: 

Die dem Original (oben) beigefügten Anlagen sind hier als interne Links abrufbar.
Die gesamte Stellungnahme des Aktionskreises, mit den entsprechenden Anlagen, 
   kann jedoch auch als PDF- Datei hier eingesehen werden. (600 KB)  >>>
Vergl. dazu auch WWZ vom 12.1.05 
„Grünzüge" wieder berücksichtigen 
[ externer Link ] Entwurf des Regionalen Raumordnungsplans Mittelrhein-Westerwald,
   Teilplan Windenergienutzung, vom 22. September 2004  - nur Textteil - [ PDF- Datei 75 kb ]

- Am 30.12.2004 wurde auf der Geschäftsstelle der Planungsgemeinschaft diese Stellungnahme abgegeben. Mit einer ausdrücklichen Antwort ist nicht zu rechnen. Angesichts der Vielzahl der eingegangenen Stellungnahmen werden die Anregungen und Bedenken zwar geprüft, wie es das Gesetz auch vorsieht, jedoch erhalten die Absender der jeweiligen Schreiben keine gesonderte Nachricht. Alle rechtzeitigen Anregungen und Bedenken werden der Regionalvertretung zur Entscheidung vorgelegt. Diese befindet darüber, ob ihnen Rechnung getragen wird. § 10 Abs. 1 Landesplanungsgesetz sieht für Anregungen der Gemeinden explizit vor, dass die Regionalvertretung in einem Beschluss zu begründen hat, wenn einer Stellungnahme nicht Rechnung getragen wird. Die neue Regionalvertretung wird sich im Februar 2005 konstituieren und einen neuen Vorstand wählen. Danach wird über alle Anregungen und Bedenken entschieden. Die Geschäftsstelle rechnet damit, dass dies bis Ende März 2005 geschehen sein wird.  Siehe hierzu auch [ externer Link : Einbeziehung der Öffentlichkeit - PDF- Format ]


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Letzte Bearbeitung: 12.01.2005