Presse

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Westerwälder Zeitung 12.03.2005
Viele Fragen sind noch offen
Windenergie: Mehr als 100 Einwände müssen noch bearbeitet werden - Info-Veranstaltung

Nach vielen Diskussionen und Beratungen ist die Umsetzung der Windenergie im Westerwald in eine entscheidende Phase getreten. Noch bevor die Vorgaben von der Regionalplanung endgültig festgelegt sind, nahm die Landtagsabgeordnete Ulla Schmidt (CDU) dies zum Anlass, über den aktuellen Stand der Planungen die Verbands- und Ortsgemeinden zu informieren.

HEILIGENROTH. Trotz vieler heißer Debatten seien noch viele Fragen zum Thema Windenergie vor Ort offen, erklärte die Abgeordnete vor 25 Kommunalpolitikern in der Autobahn-Raststätte Heiligenroth . Nicht um das Für und Wider bei der nicht unumstrittenen Windenergie - so betonte sie - gehe es in dieser Informationsrunde, sondern um klare Planungsvorgaben für die Verbandsgemeinden und Gemeinden im Westerwald.
Dazu verschafften die Vertreter der Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald einen sehr anschaulichen Überblick an Hand farbiger Projektionen auf einer Videowand, gesteuert von Jürgen Schmidt. Mit den Planungsdetails bestens vertraut, erläuterte Dr. Hartmut Bierschenk die Planungsstufen im Vorfeld. Unter Einschaltung eines sehr breit angelegten Fachgremiums seien die Kriterien für die Einordnung der Flächen in das Plangebiet in einem Katalog erfasst und festgelegt worden. Die Karten zeigten ein bereits sehr dichtes Netz vorhandener Flächenbelegung und schützenswerter Zonen. Hohe Priorität nahmen dabei Waldgebiete und Erholungszonen ein.
Auch in Verbindung mit der Behandlung von Anträgen und Einsprüchen habe es Abwägungen gegeben, ob beispielsweise bei Rohstoffvorkommen zurück gesteckt werden soll. Aus vielen Konfliktpunkten seien Lösungen gesucht und zumeist auch gefunden worden. Zusammen gerechnet ergibt sich aus dem jetzigen Planungsstand für
den Westerwaldkreis eine Flächenausweisung für Windkraftanlagen von 14 Prozent.
Eingehende Änderungsanträge, so versprach Bierschenk, würden jeweils individuell geprüft, dem Genehmigungsverfahren blieben Detailprüfungen und gegebenenfalls Änderungen vorbehalten. Schwerwiegende, nachvollziehbare Gründe hätten Chancen auf Berücksichtigung im laufenden Verfahren. Andererseits, so fügte der Planer an, gebe es keinen Gebietsausschluss ohne Begründung.
Der Sprecher der Planungsbehörde kündigte an, bis zur Sommerpause 2005 könne die Planung zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Mit der Rechtswirksamkeit wird zum 1. Januar 2006 gerechnet. Mehr als 100 Einwände seien noch zu bearbeiten.
Ulla Schmidt betonte, es sei wichtig für die Verbands- und Ortsgemeinden im Westerwald, jetzt noch einmal alle sie berührenden Planvorgaben für die Flächenausweisung
von Windkraftanlagen zu prüfen, bevor aus den „Planspielen "Ernst werde.
Wenn auch an diesem Abend die Kernfrage Ja oder Nein zur Windkraft unberührt bleiben sollte, klangen kritische Anmerkungen durch: Ist die Windstärke im Westerwald ausreichend für den wirtschaftlichen Betrieb? Ulla Schmidt merkte an, es gehe um den Versuch, Natur und Technik in Einklang zu bringen. Nach wie vor würden sich die Geister an der Windenergie scheiden. Die Abgeordnete ließ die Frage nach der Effektivität offen. Jedenfalls verspricht sie sich auf diesem Wege keine spürbare Senkung der extrem hohen Energiekosten in Deutschland. Es werde sich zeigen, wie die Bürger mit den „Windmühlen nebenan" leben könnten.
Der Erste Kreisbeigeordnete, Kurt Schüler, setzt darauf, dass am Ende aller Diskussionen und Beratungen eine geordnete Planung für die Gemeinden auf dem Tisch hegt.  (aha) 



Siegener Zeitung 15.3.05

Windräder gefährden Zugvögel

Naturschützer befürchten Störung des Kranichzuges im Kreis / Studie warnt vor Risiken
dima Siegen / Bad Berleburg. 
Bevor die kleinen grauen Punkte am Himmel Konturen annehmen, hört man bereits den Ruf der gefiederten Frühlingsboten. Laut trompetend künden die Kraniche den nahen Frühling an. Seit Anfang März kann man die "Earrgase" - unter diesem Namen findet man die Tiere im Siegerländer Wörterbuch - in großen Schwärmen auf ihrem Zug von Spanien und Südfrankreich in Richtung Nordost im Kreisgebiet beobachten.
Unbeirrt zeichnen die großen Vögel ihre charakteristischen Flugbilder an den Himmel. Am Wochenende erreichte der
Zug einen Höhepunkt. Rund 7000Kraniche die in zahlreichen Schwärmen am Sonntag zum Beispiel über Wahlbach beobachtet wurden, lassen jetzt keinen Zweifel: Der Frühling steht vor der Tür.
Auf uralten Routen fliegen die Tiere durch den Kreis Siegen-Wittgenstein in ihre Brutgebiete nach Skandinavien und
in die wenigen Brutgebiete im Norden und Nordosten Deutschlands. Die gleichen Flugwegenehmen die Langstreckenflieger
auf ihrer Herbstreise in den Süden. Bisher ungestört. Das könnte sich aber in Zukunft ändern. Zum Problem für die
Routenplanung der Tiere wird die ständig wachsende Zahl von Windkrafträdern.
Das befürchten Naturschützer der Kreisgruppe des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu). Argumentationshilfe liefern
zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen. Erfahrungen mit den Auswirkungen von Windkraftanlagen auf die Vogelwelt
liegen seit mittlerweile zwei Jahrzehnten vor. Eine umfangreiche Literaturstudie des dem Nabu angeschlossenen Michael-
Qtto-Institutes in Bergenhusen (Schleswig-Holstein),die 127 Einzelstudien aus zehn Ländern (u.a. Deutschland,
Dänemark, Großbritannien, Holland, Spanien und USA) jetzt im Auftrag des Bundesamtes
für Naturschutz auswertete, kommt zu dem Ergebnis, dass Windkraftanlagen für Vögel an Gewässern und
Feuchtgebieten generell .besonders unfallträchtig" sind. Vor allem Zugvögel sind betroffen, kaum negative Auswirkungen
haben die Anlagen dagegen auf Brutvögel. Der Ausbau der Windenergie ist deshalb auch bei Naturschützern nicht unumstritten. Vogelschützer sprechen bei den bis zu 200 Stundenkilometer schnellen Rotoren bereits von "Kranichhäckslern", Die Ergebnisse der Studie sollen zu einer Versachlichung der Diskussion um Windkraftanlagen beitragen.
Neben dem Totschlagrisiko für Vögel berücksichtigt die Untersuchung auch die Scheuchwirkung" die von den Rotorblättern
auf rastende Vögel ausgeht. Wertvolle Rastgebiete - unentbehrlich während des kräftezehrenden Vogelzuges- gehen somit
durch den Bau von Windkraftanlagen verloren.
Michael Frede von der Kreisgruppe des Naturschutzbundes Deutschland (NabU) sieht in Siegen-Wittgenstein vor allem
für Zugvogelarten wie den Kranich ein ernstes Problem. Da die Vögel auch bei Nacht über das Siegerland hinwegziehen,
werde es dabei mit Sicherheit zu folgenschweren Zusammenstößen mit den Propellern der Windkraftanlagen kommen,
erklärte Frede jetzt auf Nachfrage der SZ. Im Kreisgebiet würden traditionell räumlich abgrenzbare .Flugkorridore" auf einer
Südwest-Nordostachse von den Tieren genutzt. Sowohl beim Frühjahrs- als auch beim Herbstzug. Durch den Bau von
Windkraftanlagen könne es sogar zur räumlichen Verschiebung der Kranichzugrouten kommen, erklärt Frede. Auch Jürgen Sartor, Wahlbacher Vogelzugexperte des Nabu, teilt die Befürchtungen. Das Kreisgebiet liegt innerhalb einer eng begrenzten rund 100 Kilometer breiten Kranichroute, die sich quer durch Deutschland zieht, erklärt der Naturschützer. Rund 20000Kraniche können im Herbst und im Frühjahr auf dieser Luftstraße allein im Kreisgebiet gezählt werden. Im März des vergangenen Jahres zählte Sartor in Wahlbach an einem einzigen Nachmittag rund 10000ziehende Kraniche.
Bei schlechtem Zugwetter mit tief hängenden Wolken könne es zu Kollisionen
mit den Windrädern kommen, befürchtet Sartor. Auch Eulen seien durch die Rotorblätter gefährdet. Die Studie des Nabu- Institutes schlägt eine .Risikoabschätzung im Einzelfall" vor. Weiterhin bestehe erheblicher Forschungsbedarf.
Rastgebiete und Zugkorridore seien von der Windkraftnutzung freizuhalten.
Besonders gefährdet sind nach der Studie des Michael-Qtto-Institutes Greifvögel wie zum Beispiel der Rotmilan. Dabei
handelt es sich um eine Vogelart, die in den letzten Jahren zur Freude der Naturschützer immer zahlreicher im Kreis
Siegen-Wittgenstein 'brütete. Aber auch Fledermäuse haben ihre Probleme mit der alternativen Energiequelle. Vor allem
auf dem Zug und während der Quartiersuche im Spätsommer und Herbst kollidieren die geschützten Tiere laut Studie
mit den Windkraftanlagen. Dabei sind nicht nur direkte Kollisionen gefährlich.
Ein im Rotorbereich entstehender Luftsog lässt die Lungen der Fledermäuse bereits im Vorüberfliegen platzen, erklärt Michael Frede. .Die Tiere verenden im Sog." Eine weitere Todesfalle lauert im Nabenbereich der Rotoren. Steht der Rotor
still, locken hier zahlreiche Schlupfwinkel. erklärte Michael Frede. Die nächste Rotordrehung überlebe die Fledermaus nicht.


FAZ 17.09.2004
KOMMENTAR

Vor dem Erwachen
Von Stefan Dietrich 

Sage niemand, Deutschland sei reformunfähig! Der von Rot-Grün exekutierte energiepolitische Doppelbeschluß, wonach dieses Land bis 2020 die (kohlendioxydfreie) Gewinnung von Atomstrom beenden und gleichzeitig den Kohlendioxydausstoß um vierzig Prozent senken soll, ist nichts weniger als eine Revolution. Bis heute wird sie von einer breiten Mehrheit getragen. Freilich nimmt diese Mehrheit beharrlich nur die romantische Seite dieser Revolution zur Kenntnis: die Vision einer ökologisch gänzlich unbedenklichen Energiewirtschaft mit wasserstoffbetriebenen Autos und Steckdosen, die von unablässig drehenden Windrädern gespeist werden. Von den exorbitanten Kosten der "Energiewende" - von sinkendem Wohlstand, wegbrechenden Arbeitsplätzen, zunehmender Importabhängigkeit und Versorgungsunsicherheit - haben die Herolde dieser Vision auch nichts gesagt.


Der letzte Koalitionspolitiker, der versucht hat, der Öffentlichkeit reinen Wein einzuschenken, war der frühere Wirtschaftsminister Müller. Vor drei Jahren ließ Müller ausrechnen, wieviel der energiewirtschaftliche Umbau bis zum Jahr 2020 kosten werde. Das Ergebnis - 250 Milliarden Euro - durfte er schon nicht mehr aussprechen. Es wurde ebenso vom Tisch gewischt wie die Untersuchung, mit der das Bremer Energie-Institut Trittins "Jobwunder" entzaubert hat. So gern der Umweltminister von den 130 000 Arbeitsplätzen schwärmt, die in der Wind- und Solarbranche entstanden seien, so gern unterschlägt er, wie viele verlorengegangene Arbeitsplätze auf sein Konto gehen - auf das Konto mutwillig hochgetriebener Energiekosten.

Der seit Monaten anhaltende Anstieg der Energiepreise trifft private Kleinverbraucher und Großbetriebe. Höhere Ausgaben für Strom, Benzin, Heizöl und Gas erzwingen Konsum- oder Investitionsverzicht an anderer Stelle und kosten damit Arbeitsplätze im Handel und im produzierenden Gewerbe. Grund zum Klagen haben alle - nur nicht die Grünen und ihre Wähler. Die haben ja nun, was sie immer wollten: die Angebotsverknappung, die den Preis so hoch treibt, daß sogar Windstrom sich der Wirtschaftlichkeitsgrenze nähert.

Ausgerechnet die Grünen aber klagen am lautesten. Umweltminister Trittin wirft den Energieunternehmen Eon und Vattenfall vor, "ihre Marktposition schamlos auszunutzen", der Abgeordnete Loske droht ihnen mit der Knute verschärfter Aufsichtsregelungen. Von dem Verdacht, daß sie vor der Einführung der staatlichen Preisregulierung noch schnell ihr Schäfchen ins trockene bringen wollten, wird die Energieversorger niemand gänzlich freisprechen. Doch der Spielraum, den sie dafür haben, ist so gering, daß er gegenüber anderen preistreibenden Faktoren kaum ins Gewicht fällt. Die erhöhten Weltmarktpreise für Öl und Kohle sind vor allem eine Reaktion auf die stark gestiegene Nachfrage und die fortdauernd instabile Lage in den wichtigsten Öl-Förderländern.

Der größte Teil des Preisschubs hierzulande ist dennoch hausgemacht - nicht von den Stromproduzenten, sondern von der Politik. Seit Amtsantritt der rot-grünen Bundesregierung haben sich die Steuern und Abgaben auf den Stromverbrauch verfünffacht - von 2,3 Milliarden Euro 1998 auf 12,6 Milliarden im vergangenen Jahr. Was die Regierung Kohl den Verbrauchern mit der Öffnung des Strommarkts beschert hatte, holte sich die Regierung Schröder zurück, denn niedrige Strompreise waren nie in ihrem Sinn. Vielmehr verlangt die politisch gewollte Markteinführung sogenannter erneuerbarer Energien hohe und noch höhere Preise.

Bund und Länder beziehen mittlerweile zwölf Prozent ihrer gesamten Einnahmen aus Energie- und Kraftfahrzeugsteuern. Im vergangenen Jahr waren das 57 Milliarden Euro. Unter Rot-Grün ist dieser Betrag um 36 Prozent gestiegen, obwohl der Benzinverbrauch seit 1998 um 15 Prozent zurückgegangen ist. Hinzu kommen die von Jahr zu Jahr steigenden Zwangsbeiträge zur Finanzierung alternativer Energien - 2003 waren es 1,9 Milliarden Euro -, die über die Stromrechnung eingezogen werden. Von diesen Zahlen versuchen Grüne und Sozialdemokraten mit ihren Haltet-den-Dieb-Rufen abzulenken.

Indessen sonnte sich Trittin bei der jüngsten Haushaltsdebatte wieder in Umfragedaten, die angeblich belegen, daß die Wähler mit keinem Politikbereich so zufrieden seien wie gerade mit seinem. Wenn es so ist, dann steht der Bevölkerung nach den jüngsten sozialpolitischen Schockwellen noch ein böses umweltpolitisches Erwachen bevor. Die Deutschen werden erkennen, daß sich das Weltklima nicht im mindesten von den Windrädern und Sonnenkollektoren beeindrucken läßt, für die sie dreistellige Milliardensummen aufwenden. Sie werden als nächstes einsehen, daß die so teuer bezahlten "sauberen" Energien wegen ihrer Unzuverlässigkeit weder Kohle- noch Atomkraftwerke ersetzen können. In spätestens fünf Jahren werden zudem die Überkapazitäten auf dem deutschen Strommarkt, die heute noch auf den Preis drücken, umschlagen in einen wiederum preistreibenden Nachfrageüberhang.

Deutschland ist zwar "Weltmeister" in der Errichtung hoch subventionierter Wind- und Solaranlagen, aber bei den Investitionen in Grundlastkraftwerke rangiert es unter den Industrieländern ganz hinten - und das, obwohl die Unternehmen über prall gefüllte Kassen verfügen und große Teile ihres Kraftwerksparks dringend ersetzt werden müßten. Der Grund ist, daß der rot-grüne Doppelbeschluß nie zu einem energiewirtschaftlichen Gesamtkonzept gediehen ist, das den Unternehmen Investitionssicherheit garantiert und den Energiebedarf eines hochentwickelten Landes auf absehbare Zeit zu decken vermag. Die Folgen werden sich mit zunehmenden Stromausfällen ankündigen. Man wird sehen, ob die Deutschen dann noch so revolutionsfreudig bleiben wie heute.
Quelle: http://www.faz.net/


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Letzte Bearbeitung:16.09.2005