Willi Pflüger, Hilgert den 13.08.2004
Herrn
Landrat Peter Paul Weinert
Peter-Altmeier-Platz 1
56410 Montabaur
Windkraftanlagen im Hilgerter Wald
Sehr geehrter Herr Landrat!
Mit Erschrecken habe ich der regionalen Presse, u.a. einem Artikel in der Westerwaldzeitung vom 07.08.2004, entnommen, dass der Fürst zu Wied zwei Windkraftanlagen im Hilgerter Wald zu errichten gedenkt. Also inmitten einer dicht bebauten Wohnlandschaft und einem als Naherholungsgebiet äußerst intensiv genutzten Ruhezone!
Hiervon wären 5.000 Bürger der Orte Hilgert, Ransbach-Baumbach und Hundsdorf unmittelbar betroffen, die nur knapp 500 m vom geplanten Standort entfernt wohnen.
Die Information der Bevölkerung durch die Verantwortlichen in Hilgert und Höhr-Grenzhausen ist noch äußerst zögerlich und zurückhaltend, was mir unverständlich ist.. Dabei gilt es ihre Verpflichtung, durch Aufklärung der Öffentlichkeit entweder Unruhe und Ängste zu zerstreuen oder aber die Möglichkeit zu eröffnen, durch gemeinsame Aktionen gegen zu steuern.
Besonders stört mich die Inkonsequenz dessen, der uns diese Windkraftanlagen bescheren will. In letzter Zeit hat er sich zum Unwillen vieler durch die Sperrung bis dahin öffentlich zugänglicher Wege hervorgetan mit dem zweifelhaften Hinweis zur Schaffung von Ruhezonen für das Wild. Nunmehr schickt er sich an, in skrupelloser Manier dieses Wild durch die Windkraftanlagen zu verjagen!
Die öffentliche Diskussion über die Errichtung von Windkraftanlagen, vor allem die Aktionen und die Aufklärungsarbeit der Bürgerinitiativen in Marienrachtorf, haben bekannt gemacht, welche massiven Eingriffe in die Natur dies bedeutet. Alles Leben im näheren Umfeld (Menschen gleichwohl wie Tiere) wird überflüssiger Weise zusätzlichen gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt und in seiner Lebensqualität stark beeinträchtigt. Ganz zu schweigen von dem erheblichen Wertverlust des von den Anwohnern mit Mühe und Entbehrung geschaffenen Wohneigentums.
Der wirtschaftliche Nutzen von Windkraftanlagen ist nachweislich negativ. Nur mit erheblichen Subventionen und über erhöhte Strompreise wird eine Investition für die Betreiber lukrativ. Das heißt in letzter Konsequenz, die Geschädigten zahlen die sie belastenden Maßnahmen auch noch selbst!
Diese Subventionen würden besser zur Förderung anderer Möglichkeiten der regenerativen Energiegewinnung eingesetzt (z. B. Solar-, Photovoltaikanlagen). Von diesen gehen keine solch gefährlichen Immissionen aus.
Insofern bitte ich Sie, Ihren Einfluss geltend zu Machen und die von der Politik gesetzten Rahmenbedingungen zu verändern.
Zumal sich in der Politik in letzter Zeit eine Umbesinnung in bezug auf Windkraftanlagen abzeichnet. Wenn überhaupt, sind diese nicht mehr nur nach Aktenlage zu befürworten bzw. zu genehmigen, sondern es sind auch mehr als bisher die Belange der betroffenen Bürger zu berücksichtigen. Auch soll die Absicht bestehen, die Bedingungen hinsichtlich Standortwahl von Windkraftanlagen zu verschärfen. Insofern ist es nicht nachzuvollziehen, dass noch schnell und in aller Heimlichkeit die Planung und Genehmigung einer Windkraftanlage durchgezogen werden soll!
In der Bevölkerung macht sich daher verstärkt Unmut darüber breit, dass eine derart Menschen und Natur verachtende Maßnahme in Planung ist. Dies führt in der momentanen Depression nur zur Stärkung radikaler Kräfte.
Auch Sie haben durch Ihre Unterstützung der „Aktion saubere Landschaft“ noch am 09.08.2004 in der WZ geäußert: „Eines ist sicher: Natur braucht den Menschen, und wir brauchen die Natur. Deshalb muss es unser Bestreben sein, Natur und Umwelt zzu erhalten, zu pflege und zu schützen!“ Diese Äußerung findet meinen vollen Beifall. Nicht nur, weil ich Mitglied der Hilgerter Aktionsgemeinschaft freundliche Umwelt bin, sondern weil diese Aussage absolute Gültigkeit besitzt.!
Ich wünsche mir und den betroffenen Bürgern, dass auch Sie sich dafür einsetzen, den Bau der Windkraftanlagen zu verhindern und mit Ihren Parteifreunden entsprechend Einfluss zu nehmen. Dies könnte den Fürsten zu Wied bewegen, aufgrund des sich abzeichnenden öffentlichen Widerstandes seine Planung einzustellen und seinen Antrag auf Baugenehmigung zu den Akten zu legen.
Für Ihr Verständnis und Ihr Engagement bin ich Ihnen verbunden und bedanke mich sehr herzlich bei Ihnen.
Mit freundlichen Grüßen
PS. Gleichlautendes Schreiben habe ich an MdL Ulla Schmidt, Hendrik Hering, Dr. Gölter, Dr. Böhr und Ministerpräsiden Kurt Beck gesendet.
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- Westerwaldkreis
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Landrat
des Westerwaldkreises Peter Paul Weinert (CDU)
10.9.2004
Sehr geehrter Herr Pflüger,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 13.08.2004 betreffend geplante Windkraftanlagen im Hilgerter Wald.
Hierzu kann ich Ihnen zunächst mitteilen, dass bei der Kreisverwaltung als der zuständigen Genehmigungsbehörde bisher noch kein diesbezüglicher (Genehmigungsantrag vorliegt. Allerdings ist informell bekannt geworden, dass in der Tat im Wald zwischen Baumbach und Hilgert zwei derartige Anlagen von einem privaten Betreiber errichtet werden sollen.
Sie haben mit Ihrem Schreiben ein großes Problem angesprochen, das nicht nur im Bereich von Hilgert, sondern in weiten Teilen des Westerwaldes besteht und das mir in den letzten Jahren zunehmend Sorge macht.
Der Kern des Übels liegt auf der Ebene des Bundes. Hier sind erstens vor einigen Jahren Windkraftanlagen zu privilegierten Vorhaben" im Sinne des Baugesetzbuches gemacht worden mit der Folge, dass die Windanlagen jetzt praktisch an jeder Stelle gebaut werden dürfen, wo "öffentliche Belange" nicht entgegenstehen. Zweitens werden die Anlagen - direkt und über den Strompreis - in einem Maße subventioniert, dass sich der Bau betriebswirtschaftlich auch an fast jeder Stelle lohnt, selbst wenn die Windverhältnisse ungünstig sind. Drittens vertritt das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung. dass die Entscheidungen des Bundesgesetzgebers auf der kommunalen Ebene nicht korrigiert werden dürfen. Das hat dazu geführt, dass fast alle meine Versuche, den Ausbau der Windenergie vernünftig zu steuern und wenigstens die schlimmsten Auswüchse zu
verhindern, vor Gericht gescheitert sind, zumal dort auch die bisherigen Koordinierungsversuche über den Regionalen Raumordnungsplan und die Flächennutzungspläne einiger Verbandsgemeinden nicht akzeptiert worden sind. Den Ausbau der Windenergie mit anderen Belangen zu koordinieren, ist damit nahezu unmöglich geworden, zumal ja. wie Sie sicher wissen, jeder Bauherr einen Rechtsanspruch auf Genehmigung hat, wenn sein Vorhaben die gesetzlichen Vorgaben erfüllt. Auf diese Weise sind im
Westerwaldkreis bisher rd. 70 Windenergieanlagen entstanden: noch einmal so viele sind beantragt oder angekündigt.
In letzter Zeit haben sich aber einige Entwicklungen ergeben, die wenigstens eine kleine Möglichkeit zur Steuerung der Angelegenheit eröffnen. Zum einen hat die
Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald wenigstens erste Festlegungen für einen zweiten Versuch zur Aufstellung eines Regionalen Raumordnungsplanes, Teilplan Windenergie, getroffen. Zum anderen hat der Gesetzgeber den Verbandsgemeinden die Möglichkeit eingeräumt, durch entsprechende Beschlüsse wenigstens einen Aufschub in einschlägigen Genehmigungsverfahren zu ermöglichen. Ich bin mit den Bürgermeistern der Verbandsgemeinden im Gespräch mit dem Ziel, über die Nutzung der letztgenannten
Möglichkeit wenigstens die Chance zu bekommen, dass die Planungsgemeinschaft eine steuernde Festlegung trifft, welche die Kreisverwaltung dann als Genehmigungsbehörde zu sinnvollen Entscheidungen nutzen könnte. Dabei werden die Interessen der betroffenen Bevölkerung und des Landschaftsbildes das nach der Rechtslage größtmögliche Gewicht haben.
Insgesamt zeigt die Angelegenheit, wie schlimm die Ergebnisse sind, wenn Gesetze aus ideologischen Gründen gemacht werden.
Mit freundliche Grüßen
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