Wilhelm Strödter, Kriegstagebuch 1914 Feldpost |
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[Stempel] (Feldpostexpediton Der -7.7. 16.10-11V 15 Reserve-Division) Abs. Gefr. Corzylius, 8/87 L.-Inf. Rgt 15. Res. Div. (Westen) Feldpost Herrn Bürgermeister W. Strödter, Hilgert (Post Ransbach, Westerwald) Westen, den 15. Juli 1916 M. Lieben ! Will euch auch noch einmal einen Brief schreiben. Habe lange nichts mehr von dort gehört. Ich war ja kürzlich wieder auf zehn Tage zu hause und hörte dort auch von Karl seiner Verwundung. Wäre ja auch herüber gekommen, aber es war gerade in der Zeit wo ihr fort waret Karl besuchen und schien es mir damals nicht angebracht. Es ist mir immer schwer in solchem Falle jemand zu besuchen und meine ich würden dadurch allerhand Gedanken erweckt dadurch daß andere noch gesund vor ihm stehen. Auf alle Fälle gibt es auch allerhand Gedanken, ein jeder fragt sich: Warum ich, warum mir? Es lässt sich ja auch leicht erklären. Warum wird mancher so schwer betroffen gegen den anderen? Wer kann sie beantworten? Wir stehen in Gottes Hand und ist der unselige Krieg noch nicht zu ende und ist es gut, daß wir nicht in die Zukunft sehen können, was uns noch beschieden ist müssen wir noch abwarten, denn daß noch schweren Kämpfe bevorstehen, das ist sicher. Wie geht es Karl und wo liegt er und wo ist das Glied ab? Ich wünsche ihm von Herzen gute Besserung und ihm sowie euch allen Stärkung und Trost, um diesen schweren Schicksalsschlag zu ertragen. |
Wie geht es dir dann in deinem Amte
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, du bist doch jetzt bald eingelebt? Hier ist all die Zeit schlechtes
Wetter und fast jeden Tag regnet es. Bei euch wird es auch nicht besser sein
und sind die Wetteraussichten für dir Heuernte nicht die besten. Wir liegen noch in der alten Stellung, jetzt seit dem 29.5. schon ununterbrochen vorne. Unser 2. Bat. ist weggezogen worden zu einer fl. Div., so haben wir keine Ablösung und keine Reserve mehr hinter uns. Vor einigen Tagen hatten wir schweres Artilleriefeuer, meistens in die Reservestellungen. Direkt an unserer Telephonbude hatten sie uns alle Leitungen abgeschossen, die Splitter kamen durch die dünne Bretterwand, es hat gut gegangen rechts von mir war tagelang ein furchtbares Feuer, dort haben die Engländer angegriffen und lässt sich noch kein klares Bild von der Sache machen. Auf alle Fälle hat es wieder Tausende gekostet. Nicht weit von uns fängt die engl. Front schon an. Ob die Menschen, so kann man sie nicht mehr nennen, ob diese Bluthunde dann noch nicht bald einmal ihren Durst gestillt haben? Keine Strafe und keine Marter ist qualvoll genug für diese Teufel, die Millionen auf dem Gewissen haben und tausende v. Familien ins Elend gestürzt. Seien sie von einem Stande wie sie wollen. Die Schuldigen zu ermitteln steht ja nicht in unserer Hand, hoffentlich nimmt sich ein höherer Richter ihrer an. Was machen deine Brüder, Hoffentlich geht es ihnen gut. Ich will nun schließen. Mit vielen herzl. Grüßen, Euer Lothar Wünsche Karl gute Besserung u. Heilung und nehmt nochmals meine herzlichste Teilnahme entgegen. Hoffentlich geht es dir und euch allen sonst noch gut. _____ [1] Wilhelm Strödter wurde 1915 Ortsbürgermeister von Hilgert |